Cannes

(75.000 Einwohner)

 

Allgemein:

Gilt als eleganteste Stadt der Côte d'Azur. Cannes gestattet sich deshalb ein extravagantes Prestige-Image und ist bisweilen sündhaft teuer. Leute, die im Urlaub sparen wollen, sind hier schlecht aufgehoben, da die preisgünstigeren Hotels und Restaurants in der Regel aus allen Nähten platzen. Besser in einem der umliegenden Orte Zimmer nehmen und Cannes in Tagesetappen erkunden.

Auf den ersten Blick ist Cannes eine Agglomeration luxuriösester Paläste für Superreiche und deren Superschöne, - Kulisse für Festivals und Kongresse mit chicsten Modeboutiquen, erlesenen Restaurants und "netten" älteren Damen mit silberfarbenem Haar, die schmuckbeladen in den Nobelcafes verweilen und dabei viel öfters ihr Schoßhündchen anlachen als den kahlköpfigen Gemahl gegenüber.

Ereignisse wie die Filmfestspiele im Mai lassen die Stadt von einem Tag zum anderen aus verschlafener Gemütlichkeit zur Metropole werden. Jetzt präsentieren sich die scheuen Stars und offenherzigen Starlets in der Bar du Carlton (ein Gläschen Dom Pérignon um 20 Euro), - vor lauernden Fans, Fotografen oder nachts im Studio Circus mit arabischen Prinzen und den internationalen Playboys. Untertags findet man sie wieder zum Fototermin an den Stränden zwischen Festival-Palast und Palm Beach.

Cannes ist somit ein Schuß Monte Carlo und mehr erlebens- denn sehenswert. Weltberühmte Monumente oder Museen gibt es nicht, jedoch sind die Altstadt und der Markt eine Attraktion für Leute, die Glamour nicht ausstehen können.

Und wo sind die, die die ganze Arbeit machen? Da, wo es weniger schön ist, dafür echter: also westlich der Stadt in Cannes-La Bocca oder nördlich in Le Cannet-Rocheville. Früh schon trifft man sie unausgeschlafen in der Bar des Halles am Fortville Markt (neben denen, für die die Nacht noch nicht zu Ende ist).

Cannes mag man erst auf den zweiten Blick.

 

Geschichte:

Cannes war bereits eine Ligurersiedlung und wenn der Archäologenstreit beendet ist, eventuell auch Römerstadt. Jedenfalls stand der kleine Fischerort bis ins 19. Jahrhundert mehr oder weniger ständig unter dem Einfluß der Lenins-Mönche.

Da die Geschichtsschreibung immer alles an Zahlen und Männern festnagelt, liest sich der Aufschwung Cannes wie folgt:

Als der britische Staatsmann Lord Brougham 1834 die Riviera bereiste, kam er nicht
über den Fluß Var nach Nizza. Wegen einer Choleraepidemie in der Provence wies man ihn zurück. So blieb er in dem winzigen Fischerhafen Cannes und siehe da, es gefiel ihm so gut, daß er sich die Prachtvilla "Eleonore" bauen ließ. Seinem Beispiel folgend kamen weitere Geld- und Nobelbriten.

In Wirklichkeit blieb Cannes noch einige Jahrzehnte lediglich ein von reichen Englän-
dern gesponserter Fischerort bis die Eisenbahn (1853) gebaut wurde, und alles lauter und lauter wurde, und immer mehr und noch mehr kamen... Das ging weiter bis zum heutigen Tag. Bauunternehmer kauften den Erben ihre Villen ab und erstellten Appartementhäuser. Und kennt man Cannes schon zehn Jahre, kann man jammern: Was haben die aus Cannes gemacht?

Pablo Picasso kam 1927 zum erstenmal nach Cannes und schuf zwei Jahre später Eisenskulpturen, die für den Boulevard de la Croisellc bestimmt waren. Den bourgoisen Stadtvätern gefielen aber die Plastiken nicht, und sie lehnten ab. Begründung: Börsenkrach in New York. Eindeutige Fehlspekulation, wenn man den heutigen Franc- aber auch Prestigewert dieser Eisenskulpturen berücksichtigt.

 

Sehenswertes:

BOULEVARD DE LA CROISETTE: unter hohen Palmen und Pinien neben blumenreichen Beeten, die elegante Promenade Cannes mit feinsandigen Stränden. Im Vergleich zur wärmeren Jahreszeit, wo die Croisette buntgemischt mit Flanierern und Promenierern jeden Alters, jeder Nation und jeglicher Schicht überschwemmt ist, wirkt sie im Winter beinahe familiär. Auf halbem Wege am PORT CANTO mit den weißen Jachten liegt am Rande eines angelegten Parks ein Spielplatz und einige Kinderkarussells (Fahrt 1 Euro).

Der POINTE DE LA CROISETTE stellt das östliche Ende der Promenade dar. An dessen Spitze, das berühmte Casino Palm-Beach, Kulisse des Films "Lautlos wie die Nacht" mit Jean Gabin (seit Jahren geschlossen).

Zwischen Festivalspalast und Carlton-Hotel ist es am chicsten, aber auch etwas versnobt. Das Viertel zieht sich mit exklusiven Boutiquen bis zur RUE D'ANTIBES hin.

Die beiden Gebäude sind die sehenswertesten der Neustadt:

Das PALAIS DU FESTIVAL: Festival- und Kongreßzentrum nennen die Einheimischen mit französischem Nasalakzent bezeichnenderweise "Bunker". Bei der stattlichen Ansammlung von Beton ist diese Assoziation keinesfalls von der Hand zu weisen. Drumherum ist proper ein Park angelegt, in dem im Sommer oft Open-Air-Konzerte stattfinden. In den Boden eingelassen sind in Hollywood-Manier die Handabdrücke berühmter Persönlichkeiten aus Film und Showbizz, einschließlich Micky Maus und Drakula. Jedes Jahr kommen neue dazu. Das zauberhafte Karussell im Jahrhundertwende-Stil ist beliebtes Photoobjekt. Bei Kindern kommt aber eindeutig die Kirmes am Port Canto mehr an.

Auf halber Strecke des Boulevard de la Croisette protzt mit seiner verschnörkelten, weißen Fassade, der wohl schönste Prachtbau der Stadt, das HOTEL CARLTON. Die beiden Türmchen beachten. Es heißt, daß sie gewissen Körperteilen der Belle Otéro nachgeformt sind.

Die ALTSTADT, erst unten flach und dann häusergespannt, teilweise mit Treppen, steil hinauf zum SUQUET auf dem Mont Chevalier, der ehemaligen Festung über dem Hafen. Alle Wege führen bergauf zum Place de la Castre, wo man schönen Blick über Cannes und ins Esterel hat. Die beiden Türme beherrschen die charakteristische Silhouette der Altstadt und sind zugleich die historischen Sehenswürdigkeiten Cannes.

Die Festung, deren Ursprünge aus dem 12. Jahrhunden stammen, beherbergt das MUSEE DE LA CASTRE, ein archäologisches und völkerkundliches Museum (Mittelmeerraum, Ferner Osten, Südamerika, Polynesien und Naturvölker). Darüber hinaus ist es auch Heimatkundemuseum. (Geöffnet: 10-12 und 14-17 Uhr im Winter, 10-12 und 15-19 Uhr im Sommer, dienstags und an Feiertagen geschlossen, Eintritt unter 2 Euro.)

Um den 22 m hohen Turm aus dem 12. Jahrhundert, TOUR DU SUQUET oder auch TOUR DU MONT CHEVALIER zu besteigen, um von noch weiter oben einen Blick zu werfen, muß man sich an die Museumsaufsicht wenden.

Neueren Datums ist die Kirche NOTRE-DAME-D'ESPERANCE aus dem 16. und 17. Jahrhundert in provenzalischer Gotik. Die Marienkirche mit der Heiligen-Anna-Statue aus dem 15. Jahrhunden sollte die Fischer bei ihrem lebensgefährlichen Job auf hoher See beschützen.

Unterhalb des Mont Chevalier (hinter Bahnhof und Rathaus) der Markt Fortville mit Gemüse, Obst und Fisch - sowie die RUE MEYNADIER. die mit ihren Düften lockt. Sie verbindet die neuen Stadtvierel mit dem Mont-Chevalier. Zwischen den Kleiderboutiquen einige exquisite Lebensmittelläden, so der Käseladen Ceneri & Fils-La Ferme Savoyarde, die Metzgerei Brugère mit Geflügelspezialitäten oder Ernest, der - leider teure - Traiteur der Stadt schlechthin.

Im ALTEN HAFEN zahlreiche Bars und Restaurants an der Westseite. Jede Menge luxuriöser Jachten ankern neben Fischerbooten, kleinen Frachtern und den Ausflugsschiffen.

An der Allee de la Liberté mit den vielen Platanen findet der morgendliche Blumenmarkt statt.

LA CALIFORNIE. das Nobelviertel, kann man mit dem Auto ein bißchen durchfahren, um Reichtum zu schnuppem. Beim Spazierengehen hört man hinter Cypressenhecken Swimmingpool-Geplätscher und Tennisball-Gezische. An der Länge der Zäune lassen sich die Grundstücksgrößen abschätzen. (4ox4o Meter multipliziert mit wenigstens 2.000 Francs macht gute 3 Millionen!)